Gut geforscht!

Imagewerbung für die Hauptschule geht so: Engagement zeigen und Erfolg haben — zum Beispiel beim Wettbewerb „Jugend forscht“. In Kalkar haben sie darauf ein Abo. 22 Preise in 11 Jahren. Noch Fragen?

HuhnAlte Frage — neue Antwort

Nun denn — wer kam zuerst: Huhn oder Ei? Das hängt davon ab. Geht es um die Kalkarer St. Nikolaus Hauptschule und das Thema „Jugend forscht“, kam zuerst einmal Frau Feuls. Anneliese Feuls. Die Feuls macht in Chemie und hat eine lange Erfolgsliste vorzuweisen: 22 Preise bei „Jugend forscht“ in elf Jahren — das kann sich sehen lassen. „Jugend forscht“ ist gewissermaßen die Abteilung „Jugend musiziert“ mit anderen Mitteln. Da die Musen, hier die Wissenschaft.

Verursacherprinzip

Zurück zur Hauptschule Kalkar und den Akteuren. Natürlich geht es am Ende nicht um Anneliese Feuls. Sie steht zwar nach dem Verursacherprinzip vorn in der Ereigniskette, aber für den Erfolg sorgen die Schüler. Auch in diesem Jahr waren die Chemiker und Biologen aus Kalkar „preiswert“: Ein erster und ein zweiter Preis wurden an sechs Jungs vergeben, die sich über Milchtanks und Eier Gedanken gemacht haben.

Ehre, wem Ehre gebührt. Zu nennen wären also: Dominik Naß, Dennis Arntz und Lukas Mölder von der „Milchtankgruppe“, sowie Lutz Leukers, Pierre-Phillip Lagarde und Jonas Laakman von der „Eiergruppe“. „Der ist heute krank“, sagen die Kollegen, als beim Fotografieren und Durchzählen nur „fünf Nasen“ auftauchen. Schade eigentlich. Da soll man berühmt werden und ist nicht da ...

Sechs gegen Dreihundert

Mit Medien kennen sich die Sieger auch schon aus: Zur Begrüßung gibt es Zeitungsseiten als Erfolgsbeweis. Stolz sind sie und dürfen es sein. Was die Sechs da hingelegt haben, verdient mehr als eine kurze Erwähnung. Angetreten sind sie gegen rund 300 Teilnehmer in 192 Konkurrenzgruppen. (Ein Forscherteam darf maximal aus drei Mitgliedern bestehen.) Übrigens: Bei „Jugend forscht“ treten in der Überzahl Realschüler und Gymnasiasten an. „Zwei Hauptschulen waren im Wettbewerb vertreten“, sagt Chefin Anneliese Feuls. Klar, dass die Kalkarer stolz sind auf ihren Erfolg. Von wegen Hauptschüler kriegen nix gebacken. Das sehen die Kalkarer ganz anders. Zu Recht, denn Feuls und ihre Schüler haben längst eine tolle Forscherbilanz vorzuweisen.

Freizeitinvestment

Seit Sommer letzten Jahres lief die Vorbereitung. Die Sechs haben investiert — das Kostbarste: Freizeit. Und davon jede Menge. Mindestens einmal pro Woche haben sie sich getroffen um drei Stunden zu arbeiten. In der heißen Phase wurden auch mal zwei Nachmittage pro Woche daraus, und auch Ferien waren keine Tabuzone.

Am Ende des Forschens stand für jede der beiden Gruppen eine 15-seitigeZusammenfassung des Projektes nebst Ergebnissen. 15 Seiten - nicht mehr. Gar nicht mal so einfach, sich  nach all der Arbeit soo kurz zu fassen. „Eine oder zwei Seiten mehr hätten es gerne sein dürfen“, sagen die Jungs von der Milchtankgruppe.

Nach der Ausarbeitung dann noch die Präsentation mittels eigenem Stand im Krefelder Seidenweberhaus - dem Austragungsort. Jede Menge harte Arbeit. Nichts, was du im Vorbeigehen erledigst. Plakate wurden gemalt, Diagramme aufgezeichnet, Fotostrecken beigelegt. [Das Auge isst schließlich mit!] Wenn sie über ihr Thema sprechen, merkt der Zuhörer schnell: Die kennen sich aus, und Forschergeist ist Herzblut.

Ausgefiltert

Die Milchtankgruppe hat sich lange und ausgiebig damit befasst, wie Milchtankreinigung durch Filtration umweltbewust verbessert werden kann. „Angeregt wurden wir dazu durch unsere Cooperation mit Friesland-Foods“, erzählt „Chefin“ Anneliese Feuls.

Wer den Milchtankjungs beim Erklären zuhört, braucht festen Boden unter den Füßen. Es ist von Filteranlagen, CSB-Werten (Chemischer Sauerstoffbedarf) und dem Lob der Profis die Rede, denn was die Jungs sich ausgedacht haben, hat Hand und Fuß. Die Jungs wurden ausgefiltert — für die Spitzenposition.

Schließlich gibt es einen ersten Preis nicht fürs Luftschlösserbauen. Trotzdem: Die von der Milchtankgruppe vorgeschlagene Filtermethode zum Reinigen von Milchtanks wird wohl nicht unmittelbar realisiert. Noch sind die Kosten für den Bau einer entsprechenden Anlage relativ hoch. „Das würde sich nach ein paar Jahren rechnen“, ist sich das Trio sicher, aber momentan wohl eher nicht.

Kein Beinbruch. „Zum jetzigen Zeitpunkt würde ein Unternehmen wahrscheinlich nicht in eine Filtrationsanlage investieren, aber der Einsatz könnte in Zukunft bei weiter steigenden Rohstoff- und Energiepreisen immer lohnenswerter werden“, stellt die Gruppe in ihrem Fazit fest. Natürlich  haben sie alles durchgerechnet.

Hühnerlatein

Für „Gruppe Zwei“ ging es nicht um die Wurst sondern ums Ei. Zunächst einmal wurde heftig recherchiert. Warum legen manche Hühner weiße und andere braune Eier. Antwort: „Es liegt nicht an der Farbe des Huhns — es hat mit der Farbe der Ohrläppchen zu tun.“

 So ganz nebenbei stellte die Gruppe auch fest, dass nicht alles, was im Schulbuch steht, auch richtig sein muss. Laut Schulbuch kommt beim Eierlegen zuerst die runde Seite heraus.

Diagnose: Hühnerlatein. Es ist die spitze Seite, die zuerst das Licht der Welt erblickt. Prompt haben die Drei an den Verlag geschrieben und das mal eben klargestellt. Beweismaterial: Röntgenbilder.

Wilhelm Busch

Übrigens: Auch der alte Wilhelm Busch war, was das Eierlegen angeht, falsch gewickelt. Wir erinnern uns:  „Jedes legt noch schnell ein Ei ...“ Wer sich die Zeichnungen ansieht, merkt es schnell: Auch beim Busch kommt „rund vor spitz“.   Falscher Witz. Ehrenrettung: Busch ist nicht bei „Jugend forscht“ angetreten.

Außerdem ging es bei der „Eiergruppe“ ums Bemalen. Welche Farben sind die besten und: Kann man die Farben auch selber herstellen. Experimentiert wurde reichlich und mit vielerlei „Färbstoffen“ vom Kaffee über Zwiebeln, Efeu, Geranien, Rotkohlsaft und Hibiscus bis hin zu Johannisbeeren. Wichtig: Die Grundierung. Die wird mit Essig gemacht. Ist das Ei nicht grundiert, hält die Farbe schlecht.

Weitere Fakten rund ums Ei: 24 Stunden braucht ein Huhn zur Produktion. Beim Backen werden Eier gebraucht, um Stoffe miteinander zu vermischen und damit im Teig anschließend alles gleichmäßig verteilt bleibt. Auch dem „Windei“ haben die Jungs nachrecherchiert. Und ganz wie bei einer wissenschaftlichen Arbeit gibt’s am Schluss der Ausführungen einen Quellennachweis.

Wichtige Erkenntnis für alle Beteiligten: Forschen macht Spaß. Wichtiger Zusatz: Beim nächsten Mal möchten sie wieder antreten. Anneliese Feuls wird sich um die Themenauswahl kümmern und dann heißt das Motto: „Mal sehen, wie weit wir kommen.“

Übrigens: In Kalkar forschen nicht nur die Jungs.  Aber heuer war’s halt mal so. Das kann 2009 ganz anders aussehen. Bleibt abzuwarten, ob die St. Nikolaus Hauptschule es dann wieder aufs Treppchen schaffen wird.     

Forschergruppe 




Heiner Frost
Erstellt: 09.03.2008, letzte Änderung: 09.03.2008