„Und später werd’ ich Polizei“

Kein Fernseher im Zellentrakt

Als Erwin seine Führung durch die Polizeiwache beendet hat, steht für die meisten Jungs ziemlich fest, was sie später mal werden wollen: Polizist. Und noch eins steht fest: „Immer hübsch artig sein“, heißt künftig die Devise, denn: „Im Zellentrakt gibt es ja nicht mal einen Fernseher.“ Und auch sonst ist es da eher ungemütlich.

Wichtige Erkenntnisse für die „Demnächst-Schüler“ der Villa Kunterbunt in Kranenburg, die einen Ausflug zur Polizei unternahmen. Schließlich will man ja mal wissen, was so abgeht bei den Grünen, obwohl die meisten der Besucher schon ziemlich gut Bescheid wissen.

Diebe jagen, Raser fangen

Geführt wird die Expedition von Erwin. Erwin ist Bezirksbeamter, hat drei Sterne auf dem Schulterstück und heißt hinten Baumann. Erwin merkt schnell, dass er es mit lauter Experten zu tun hat. Die Nummer der Polizei? „Eins Eins Null“, tönt der vielstimmige Kinderchor. „Und wie ist die Nummer der Feuerwehr?“ möchte Erwin wissen. „Eins Eins Zwei!“ „Mensch, ihr seid ja richtig genial“, lobt Erwin seine kleinen Gäste. Und was macht die Polizei so alles: Die Arbeitshypothesen reichen von „Diebe jagen“ über „Raser fangen“ bis zu „eigentlich fast alles“.

Eins steht fest: Die Besucher sind in der Tat gut informiert über die Aufgaben der Polizei. Dafür sind sich nicht alle so hundertprozentig sicher, wo links und rechts ist. „Links ist da, wo der Daumen rechts ist“, scherzt Erwin und empfiehlt ansonsten den Wunderstein. Der wird in der linken Hosentasche versenkt und hilft dann bei der Entscheidungsfindung. Und warum ist die Sache mit links und rechts so wichtig? Das wissen alle: Beim Über-die-Straße-gehen muss schließlich geschaut werden: erst links — dann rechts. Und wie’s im Auto zugeht, ist auch kein Geheimnis: Ohne Anschnallen geht gar nix. Das wissen die Kinder. Nur bei den Erwachsenen hapert es mitunter. Oma Rindern nämlich, so erzählt einer der kleinen Gäste, habe mal bei einer Kurzstrecke großzügig auf die Gurtpflicht verzichtet. Erwin erklärt, dass keine Strecke so kurz ist, dass man den Gurt weglassen darf. Und den Kindersitz natürlich auch nicht.

Hier muss man nicht hin

Dann kommt der praktische Teil: Ab in den Keller — dahin, wo die Zellen sind. Zuerst allerdings wird ein Blick in den Raum des Erkennungsdienstes geworfen. Ein Evergreen für alle Besucher: Fingerabdrücke. „Das könnt ihr auch zu Hause mit einem Stempelkissen machen“, erklärt Erwin und fügt sicherheitshalber hinzu: „Aber nachher nichts anfassen, bis die Finger wieder sauber sind.“ Fotografiert werden die „bösen Buben“ natürlich auch. Nichts Neues für die Gäste. Das kennen sie alles aus dem Fernsehen. Noch ist man lautstark unterwegs. Das ändert sich im Angesicht der karg ausgestatteten Arrestzellen merklich. Die Rasselbande wird hörbar zurückhaltender. Andacht kehrt ein. „Da gibt es ja gar keinen Fernseher“, bemerkt einer. Mit anderen Worten: Hier muss man nicht hin. Das ist eher langweilig.

Aufkleber und Malhefte

Gar nicht langweilig dagegen sind die Polizeimotorräder. Klar, dass die Jungs in der ersten Reihe stehen ... bis das Martinshorn zu vernehmen ist. Das ist mächtig laut. Das Blaulicht ist schon wieder interessanter. Das sieht wichtig aus — und man muss sich nicht die Ohren zu halten. Dann steht ein weiterer Höhepunkt auf dem Besuchsprogramm: Der Ritt auf dem niegelnagelneuen Krad: Im Stand versteht sich. Trotzdem ein Ereignis. Da heißt es: Schlange stehen, bis jeder mal drauf gesessen hat. Und natürlich wollen auch die Damen mal aufsitzen. Das Wort „cool“ wird vermehrt geäußert. Das ist Klassen besser als der Besuch des Zellentraktes.

Schließlich folgt noch die Inspektion eines Polizeiautos.  Jeder darf mal rein. Die innen liegende Kelle sorgt für neue Warteschlangen. Jeder möchte das Ding mal schwenken. „Und später werd’ ich Polizei“, äußert einer der jungen Herren einen spontanen Berufswunsch. Erwins Rat: „Da musst du aber erst mal in der Schule gut aufpassen.“ Is gemacht.

Abschließend verteilt Erwin Aufkleber und Malhefte. Das kommt an. Erwin freut sich über das Interesse der kleinen Gäste und macht nochmals klar, dass die Polizei immer ein Herz für Kinder hat, aber das haben die Kleinen schon längst gemerkt. Also ab nach Hause, und dann erst mal Räuber und Gendarm gespielt.



Heiner Frost
Erstellt: 18.03.2007, letzte Änderung: 18.03.2007